Architektur in Südtirol: zwischen Erinnerung und Innovation
Südtirol gehört zu den Regionen in Europa, in denen der Dialog zwischen Vergangenheit und Zukunft in der Architektur intensiv spürbar ist. Zwischen Tälern, Dörfern und den Gipfeln der Dolomiten wird das reiche historische Erbe perfekt ergänzt durch zeitgenössische Architektur von höchster Qualität. Bozen ist dafür ein gelungenes Beispiel: In der Südtiroler Landeshauptstadt gibt es die pittoresken Lauben mit Ursprung im Mittelalter, Bauten im Stil des italienischen Rationalismus aus dem 20. Jahrhundert und zeitgemäße Gebäude, die mit neuen Ideen und im Hinblick auf aktuelle Bedürfnisse und Herausforderungen gestaltet wurden.
Museion in Bozen - Museum für Moderne Kunst
Tourismusverein Bozen Bolzano - OthmarSeehauserIn den letzten Jahrzehnten hat eine spannende architektonische Entwicklung in Südtirol Fahrt aufgenommen: Eine gegenwärtige Architektur rückte in den Mittelpunkt, die ganz besonders auf nachhaltiges Bauen und den Dialog mit der Landschaft setzt. Neben berühmten Weinkellereien – die zu Symbolen einer ausdrucksstarken „Weinarchitektur“ geworden sind – findest du überall im Land eine überraschende Vielfalt an innovativen öffentlichen und privaten Projekten: Museen & ehemalige Industrieanlagen, touristische Infrastrukturen & Kulturzentren, Wohnhäuser & Coworking Spaces. Bei all diesen Bauten, ob sie nun von international bekannten Architekt:innen oder von aufstrebenden lokalen Architekturbüros entworfen wurden, spielen natürliche Materialien, Licht und die harmonische Einbettung in die Landschaft die Hauptrollen.
Von den vielen sehenswerten Beispielen moderner Architektur in Südtirol möchten wir dir vier vorstellen – vielleicht kennst du ja das eine oder andere Bauwerk ja schon aus einer Architekturzeitschrift.
🏔️ 1. Messner Mountain Museum Corones – Kronplatz
Architekturbüro: Zaha Hadid Architects
An der Außenkante des Gipfelplateaus auf über 2.000 m Höhe ist das Messner Mountain Museum Corones am Kronplatz eines der sechs Museen, die Reinhold Messner dem Verhältnis zwischen Mensch und Berg gewidmet hat. Das Museumsgebäude scheint teilweise mit dem Berg verschmolzen zu sein, teilweise ragt es aus dem Fels heraus wie eine futuristische Skulptur aus Beton und Glas. Die fließenden, skulpturalen Formen erinnern an die geologischen Bewegungen der Dolomiten und machen das Museum zu einer Ikone zeitgenössischer Alpenarchitektur. Die Panoramaterrasse und die Glasflächen eröffnen spektakuläre Ausblicke auf die Bergwelt.
Hauptmerkmale:
- Perfekte Integration in die felsige Landschaft
- Sichtbeton und Glasflächen
- Innenliegende Ausstellungswege & eine schwebende Aussichtsplattform als Höhepunkt
🏙️ 2. Museion – Museum für moderne und zeitgenössische Kunst – Bozen
Architekturbüro: KSV Krüger Schuberth Vandreike
Das Museion ist ein markanter Kubus, der die Altstadt von Bozen mit dem neueren Teil der Stadt verbindet. Die Glasfassaden, die abends als multimediale Projektionsflächen dienen, sorgen für Transparenz und Offenheit. Großzügige, flexible Ausstellungsräume im Inneren und die Brücke über die Talfer als Teil des Gesamtkonzepts schaffen eine starke visuelle Verbindung zwischen Kunst, Menschen und urbaner Landschaft.
Hauptmerkmale:
- Transparente Fassaden & interaktive „Medienfassade“
- Verbindung zwischen zwei Stadtteilen
- Flexible & minimalistische Ausstellungsräume
🏭 3. NOI Techpark – „Black Monolith“ – Bozen
Architekturbüro: Chapman Taylor + CL&AA (Claudio Lucchin & Architetti Associati)
Erbaut auf dem ehemaligen Industriegelände der Alumix, ist der NOI Techpark heute ein Zentrum für technologische Innovation und nachhaltige Forschung. Die Architekur des Projekts vereint die historische Substanz von Fabrikgebäuden im Stil des Rationalismus mit einem neuen, glänzend schwarzen Quader – dem „Black Monolith“ – und schlägt so symbolisch eine Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft. Im Inneren befinden sich Labore, Büros und öffentlich zugängliche Bereiche, die von natürlichem Licht durchflutet sind.
Hauptmerkmale:
- Nachhaltige Umnutzung eines Industrieareals
- Spannender Kontrast zwischen historischer & moderner Architektur
- Innovationszentrum für Unternehmen & Universität
🌳 4. TreeHugger – Tourismus-Informationsbüro – Brixen
Architekturbüro: MoDus Architects (Sandy Attia & Matteo Scagnol)
Der TreeHugger in Brixen ist eine Mischung aus leichtem Pavillon und dynamischer Skulptur und wurde um eine jahrhundertealte Platane herum gebaut. Die geschwungenen Formen scheinen den Baum zu umarmen und die Struktur des Betons erinnert an Baumrinde: So steht das Gebäude sinnbildlich für das Gleichgewicht zwischen menschlichem Eingreifen und natürlicher Umgebung und zeigt einen respektvollen Umgang von Architektur mit Natur. Der Eingangsbereich im Erdgeschoss mit Glasfronten wirkt hell, offen und einladend.
Hauptmerkmale:
- Skulpturaler Betonbau, der einen Baum symbolisch umarmt
- Organisches, von der Natur inspiriertes Design
- Öffentliche Architektur als ökologisches & urbanes Statement
Museion in Bozen - Museum für Moderne Kunst
Othmar Seehauser - Museion BozenArchitekturstiftung Südtirol
Der Architekturpreis Südtirol ist eine Initiative der Architekturstiftung Südtirol und wird seit 2011 alle vier Jahre verliehen. Die Auszeichnung würdigt die Qualität und Innovationskraft von Bauten, die in Südtirol realisiert wurden und die einen fruchtbaren Dialog zwischen Bauwerk, Kontext und umgebender Landschaft schaffen. Prämiert wird Architektur, die nach gestalterischen und ökologischen Maßstäben überzeugt und eine Balance zwischen Ästhetik und Nachhaltigkeit herstellt. Verantwortungsvolles Bauen bedeutet nicht nur einen achtsamen Umgang mit Ressourcen und Umwelt, sondern auch das Mitdenken von sozialen Aspekten.
Zu den Preisträgern der letzten Ausgaben zählen das weiter oben vorgestellte Messner Mountain Museum Corones von Zaha Hadid Architects, das Hotel Bühelwirt von Pedevilla Architects als zeitgenössische Neuinterpretation der bäuerlichen Bautradition und die Stadtbibliothek Brixen von Carlana Mezzalira Pentimalli als gelungenes Beispiel für einen einladenden und innovativen öffentlichen Raum.
Beim Fest der Architektur auf Schloss Maretsch im März 2026 wird der Architekturpreis Südtirol bereits zum 11. Mal verliehen. Die Jury bestehend aus Anna Popelka, Katharina Volgger und Matteo Motti wird dort die Preise in folgenden Kategorien vergeben: Öffentlich | Wohnen | Tourismus und Arbeit | Öffentlicher Raum, Landschaft und Infrastrukturen | Innenraum | Bauen im Altbestand | Junge Architektur.
Die architektonische Entwicklung in Südtirol zeugt von der beständigen Suche nach Harmonie zwischen Innovation und Tradition. Die Bauwerke, die wir dir hier präsentiert haben, dominieren die Landschaft nicht – sie heben ihre Essenz hervor, indem sie zeitgenössische Formen mit Materialien verbinden, die die Sprache des Ortes sprechen. Generell ergänzen sich in der modernen Architektur Südtirols vielfach Holz, Stein, Glas und Stahl und schaffen eine Ästhetik, die die Erinnerung an die Herkunft bewahrt und zugleich den Blick in die Zukunft richtet.