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24. Juli 2025

Begegnung mit Wildtieren in Südtirol: Tipps für das richtige Verhalten

Wenn du durch die Wälder, über die Wiesen und zu den Berggipfeln Südtirols wanderst, erlebst du eine der artenreichsten Regionen der Alpen aus nächster Nähe. Hier ist die Natur noch der Hauptdarsteller und es ist nicht ungewöhnlich, Wildtieren in ihrer natürlichen Umgebung zu begegnen: Rehe äsen in der Morgendämmerung am Waldrand, Murmeltiere pfeifen zwischen den Felsen und Adler kreisen hoch oben am Himmel. Seltener lassen sich Wölfe oder Bären blicken.

Begegnung mit Wildtieren - Tipps für das richtige Verhalten
Begegnung mit Wildtieren - Tipps für das richtige Verhalten

Bei Wanderungen im Hochgebirge in Südtirol siehst du vielleicht sogar einen Alpensteinbock.

Sergio Cerrato - Italia

Diese spannenden Begegnungen passieren oft ganz unverhofft und erinnern uns daran, dass wir Gäste in einem empfindlichen Ökosystem sind. Es ist daher wichtig, bestimmte Verhaltensregeln zu kennen – nicht nur zu unserer eigenen Sicherheit, sondern auch zum Schutz der Tiere und zur Erhaltung der wertvollen Umwelt. Denn um die Natur auch in Zukunft authentisch erleben zu können, müssen wir sie respektieren und mögliche Auswirkungen unserer Anwesenheit bedenken.

In unserem Artikel erfährst du, wie du dich richtig verhältst, wenn du in den Bergen Tiere siehst bzw. ihnen begegnest. Wie verhalte ich mich, wenn ich auf Bär oder Wolf treffe? Was ist bei Begegnungen mit Hirsch, Reh, Steinbock oder Gämse zu beachten? Welche Regeln gelten generell bei allen Wildtieren –
vom Murmeltier über das Schneehuhn bis zum Schmetterling? Und wie verhalte ich mich richtig gegenüber Weidetieren auf der Alm? Die Antworten auf diese Fragen verraten wir dir hier.

Ökosystem, Tier und Mensch schützen

Die alpine Bergwelt ist ein komplexes und sensibles Ökosystem, in dem jedes Lebewesen von Bedeutung ist. Pflanzenfresser und Raubtiere, Wildtiere und Weidetiere, Vögel und Insekten halten das natürliche Gleichgewicht aufrecht, indem sie die Beweidung und das Wachstum der Vegetation kontrollieren: Eine Störung dieses Gleichgewichts kann Phänomene wie die Erosion des Bodens, den Verlust von Lebensräumen und den Rückgang der Biodiversität begünstigen.

Ein respektvoller Umgang mit der Tierwelt schützt darüber hinaus auch den Menschen: Störungen durch Wanderer wie z.B. laute Geräusche können die Tiere erschrecken. Dadurch kann es zu aggressiven Reaktionen, aber auch zu Fluchtverhalten wie dem plötzlichen Überqueren von Straßen kommen und so zu schweren Unfällen.

Bär und Wolf 🐻🐺 – scheue Großraubtiere

Wölfe und Bären sind in die Alpen zurückgekehrt. Auch wenn es unwahrscheinlich ist, in Südtirol auf einen Wolf oder Bären zu treffen, so ist es doch nicht ganz ausgeschlossen. In Südtirol gab es Nachweise für Bären z.B. auf der Mendel, im Vinschgau, auf dem Ritten und im Pustertal.

Begegnung mit Wildtieren - Tipps für das richtige Verhalten
Begegnung mit Wildtieren - Tipps für das richtige Verhalten

Es streifen wieder einige Bären durch die Wälder. Bestimmte Regeln tragen zu einer konfliketfreien Koexistenz von Mensch und Tier bei.

Simone Cappellari

Wie soll ich mich verhalten, wenn ich einem Bären begegne?

  • Wenn du einem jungen Bären begegnest, solltest du dich vorsichtig entfernen – die Bärenmutter hält sich normalerweise in der Nähe ihrer Jungen auf und könnte dich als Bedrohung für ihren Nachwuchs wahrnehmen.
  • Wenn du einem ausgewachsenen Bären begegnest und dieser sich aufrichtet, bedeutet das nicht, dass er angreifen will. Der Bär nimmt diese Position ein, um die Situation besser einschätzen zu können. Denk daran: Bären sehen nicht sehr gut, aber sie können so schnell wie ein Pferd laufen und auch auf Bäume klettern.
  • Störe niemals einen Bären beim Schlafen oder Fressen.
  • Wenn du einem Bären begegnest, solltest du dich langsam (!) entfernen. Behalte das Tier im Blick und lass ihm eine Ausweichmöglichkeit.
  • Bären greifen normalerweise nicht an, außer sie werden provoziert. Wenn der Bär ein aggressives oder bedrohliches Verhalten zeigt, dann nur, um den „Störenfried“ einzuschüchtern und zu vertreiben. Wirf keine Stöcke oder Steine, um den Bären zu vertreiben.
  • Wenn du das Glück hast, einen Bären in der Ferne zu sichten, kannst du kurz stehen bleiben und ihn aus sicherer Distanz beobachten. 100 m sollten dabei mindestens zwischen dem Bären und dir liegen.

Falls der Bär tatsächlich angreifen sollte:

  • Versuch den Bären abzulenken, indem du einen Gegenstand wie z.B. eine Trinkflasche oder einen Pilzkorb vor dir auf den Boden legst.
  • Wenn das nicht funktioniert, leg dich in Fötusstellung auf den Boden. Schütz deinen Nacken mit den Händen und den Rücken (wenn vorhanden) mit dem Rucksack und stell dich tot.

Weitere Verhaltensempfehlungen für den Fall einer Begegnung mit dem Bären findest du auf der Website des Amts für Wildtiermanagement des Landes Südtirol. 

Begegnung mit Wildtieren - Tipps für das richtige Verhalten
Begegnung mit Wildtieren - Tipps für das richtige Verhalten

Auch wenn die bEgenung mit einem Bären in Südtirol unwahrscheinlich ist, sollte man wissen, wie man sich in diesem Fall verhält.

NakNakNak
Begegnung mit Wildtieren - Tipps für das richtige Verhalten
Begegnung mit Wildtieren - Tipps für das richtige Verhalten

Wölfe in Südtirol sind gekommen, um zu bleiben. Einige einfache Regeln tragen zu einer friedlichen Koexistenz von Mensch und Tier bei.

Marcel Langthim

Wie soll ich mich verhalten, wenn ich einem Wolf begegne?

Auch hier ist es vor allem wichtig, Ruhe zu bewahren. Wölfe sind scheue Tiere und meiden Menschen normalerweise: Sie nehmen uns wahr, bevor wir sie entdecken und entfernen sich. Deshalb stellen Wölfe in der Regel keine Gefahr für Menschen dar, und wenn du zu Fuß unterwegs bist, wird es selten zu einer Begegnung kommen. Eher kann es sein, dass du von einem Fahrzeug aus einen Wolf siehst. 

  • Halt Abstand, bleib ruhig und lauf nicht weg.
  • Lock den Wolf nicht an und füttere ihn nicht.
  • Wenn du dich bei der Begegnung unwohl fühlst, mach dich durch lautes Sprechen, Rufen oder Händeklatschen bemerkbar. Dann entferne dich langsam und mit ständigem Blickkontakt zum Wolf.
    Wenn der Wolf dir nähertbleib stehen, mach dich groß, schrei ihn an und schwenke die Arme, um ihn zu verscheuchen. Geh in dieser Situation eher auf das Tier zu als weg.

Rothirsch & Reh, Steinbock & Gämse 🦌

Begegnung mit Wildtieren - Tipps für das richtige Verhalten
Begegnung mit Wildtieren - Tipps für das richtige Verhalten

es kann passieren, dass du auf deiner Wanderung auf einen Hirsch oder ein Reh triffst? Weißt du, wie du dich dann verhalten solltest?

congerdesign

In Südtirol gibt es viel Wild und im oberen Vinschgau, im Schnalstal, im Pustertal und auch in anderen Südtiroler Regionen kommt es immer wieder zu Wildunfällen, wenn Reh- oder Rotwild unverhofft aus dem Wald oder von der Wiese auf die Fahrbahn läuft. Besondere Vorsicht ist im Frühjahr und im Herbst in der Morgen- und Abenddämmerung geboten. Deshalb raten die Behörden hier generell zum Fahren mit reduzierter Geschwindigkeit. Wenn du ein Tier am Straßenrand siehst, solltest du kontrolliert bremsen, abblenden und hupen. Weich bitte nicht aus, denn das könnte zu einem Zusammenprall mit einem Auto oder einem Baum führen. 

Siehst du dagegen beim Wandern in den Bergen auf Rotwild oder Rehwild, Steinwild oder Gamswild, solltest du Abstand halten und ruhig bleiben. Nur selten kommt es zu unverhofften Begegnungen aus nächster Nähe: In diesem Fall solltest du dich langsam zurückziehen und auch dem Tier die Möglichkeit zum Rückzug geben, indem du z.b. den Weg frei machst.

Im Frühjahr oder Sommer kann es passieren, dass du auf ein Rehkitz triffst, dass ruhig allein im Gras liegt. Es wurde nicht verlassen: Die Mutter äst in der Nähe, sie frisst also Gras oder andere Pflanzen. Du darfst das Jungtier keinesfalls berühren, denn schlimmstenfalls kümmert sich die Mutter nicht mehr um das Kitz, wenn sie einen fremden Geruch am Kitz wahrnimmt. Am besten entfernst du dich ruhig und langsam, um weder das Kitz noch die Mutter länger zu stören. Die gleichen Verhaltensregeln gelten auch für andere Jungtiere.

Weitere Säugetiere, Vögel & Insekten

Beim Wandern zwischen den Wäldern, Almwiesen und Berggipfeln in Südtirol kannst du mit etwas Glück Murmeltiere, Eichhörnchen und Füchse beobachten. Mit noch mehr Glück siehst du sogar unter Naturschutz stehende Vogelarten wie den Steinadler und den Auerhahn oder seltene Schmetterlinge und Käfer wie den Apollofalter oder den Alpenbock. Bitte halte immer einen gewissen Abstand zu den Tieren ein, um sie nicht zu erschrecken oder zu stressen – insbesondere während der Brut- und Aufzuchtzeit sowie in den Wintermonaten. Und generell gilt: Berühr die Tiere nicht und fütter sie nicht!

Begegnung mit Wildtieren - Tipps für das richtige Verhalten
Begegnung mit Wildtieren - Tipps für das richtige Verhalten

Bei einer Wanderung durch den Wald kannst du mit etwas Glück einen prächtigen Auerhahn sehen.

Thomas Griesohn-Pflieger
Begegnung mit Wildtieren - Tipps für das richtige Verhalten
Begegnung mit Wildtieren - Tipps für das richtige Verhalten

Unter den wilden Tieren, denen Sie begegnen können, sind seltene Vogelarten wie das Alpenschneehuhn. Die Schneehuhnküken sind Nestflüchter und gleich nach dem Schlüpfen auf Nahrungssuche.

Simon

Allgemeine Verhaltensregeln für Begegnungen mit Wildtieren

  • Bleib auf den markierten Wegen: Wenn du abseits der Wege gehst, schädigst du empfindliche Lebensräume und stresst scheue Wildtiere.
  • Beachte die Schilder mit Verhaltensvorschriften, die es z.B. in Naturparks oder in Weidegebieten gibt.
  • Vermeide Lärm: Musik, Geschrei und Blitzlicht können Tiere erschrecken und stören die Ruhe in der Natur.
  • Lass keine Abfälle oder Essensreste zurück: So lockst du keine Raubtiere an und schonst die Umwelt.
  • Verzichte auf Kleidung in auffälligen Farben und auf Parfum: Mit Kleidung in gedeckten Farben und mit einem neutralen Geruch erschreckst du die Tiere nicht und lockst sie auch nicht an.
  • Führ deinen Hund an der Leine: In der Öffentlichkeit gilt in Südtirol eine grundsätzliche Leinenpflicht, die dem Schutz von Menschen und Tieren und vor allem auch dem Hund selbst dient. Die Leinenpflicht beugt Aggressionen vor und vermeidet Konfrontationen. Ein frei laufender Hund kann von anderen Tieren als Bedrohung wahrgenommen werden und Verteidigungsverhalten auslösen –besonders bei Tiermüttern mit Jungen. Bei einem Angriff von einer Mutterkuh oder einem anderen Tier, solltest du deinen Hund allerdings unbedingt von der Leine lassen, da er sich leichter in Sicherheit bringen kann und zugleich die Aufmerksamkeit des angreifenden Tieres von dir weglenkt.
  • Hilf beim Monitoring mit: Melde es dem Amt für Wildtiermanagement (+39 0471 4151 70/71), falls du einen Bären oder Wolf siehst.

Leitfaden für das richtige Verhalten gegenüber Kühen & anderen Tieren auf der Weide

Almidylle auf dem Naturnser Nörderberg
Almidylle auf dem Naturnser Nörderberg

Während der Weidesaison sind auf den Almen in Naturns nicht nur Wanderer, sondern auch Kühe anzutreffen.

TG Naturns | Peter Santer

Weidetiere wie Kühe, Pferde, Schafe & Ziegen sind zwar keine Wildtiere, aber auch keine Kuscheltiere. Wenn du auf einer Wander- oder Biketour an Weidetieren vorbeikommst, bewege dich langsam und ruhig. Bleib auf dem Weg und halte Abstand. Mach keine plötzlichen Bewegungen oder laute Geräusche. Besondere Vorsicht ist bei Kälbern geboten, denn Mutterkühe haben einen starken Beschützerinstinkt.

Keine Panik bei Weidevieh mitten auf dem Weg: Falls du mit dem Mountainbike unterwegs bist, steig ab und schieb das Rad. Geh ruhig und mit Abstand an den Tieren vorbei. Wenn du einen Hund hast, nimm ihn vor Betreten der Weide an die kurze Leine: Weidetiere und Herdenschutzhunde könnten ihn als Bedrohung sehen. Wenn eine Kuh aggressiv auf dich zukommt, lass deinen Hund von der Leine und entferne dich, ohne zu laufen und ohne der Kuh den Rücken zuzudrehen.

Falls du Unruhe in der Herde bemerkst, verlass die Weide zügig. Berühr und fütter die Tiere nicht und begib dich keinesfalls zwischen Kuh und Kalb. Und vergiss nicht auf das Schließen des Weidegatters!

Begegnung mit Wildtieren - Tipps für das richtige Verhalten
Begegnung mit Wildtieren - Tipps für das richtige Verhalten

Ein Steinbock taucht mit seinen majestätischen Hörnern zwischen den Felsen auf.

JudRob

Harmonie zwischen Mensch und Natur als Ziel

Ein Basiswissen über die Südtiroler Bergwelt, die Einhaltung wichtiger Verhaltensregeln und ein respektvoller Umgang mit Mensch, Tier und Natur machen den Urlaub in Südtirol nachhaltiger und authentischer, naturnäher und erfüllender. Die Rückkehr von Wolf und Bär ist im Hinblick auf die Biodiversität ein Erfolg, erfordert aber auch ein größeres Verantwortungsbewusstsein. Wir alle können etwas beitragen, um die imposante Schönheit der Berge mit ihrer einzigartigen Fauna und Flora auch für zukünftige Generationen zu erhalten.

Viel Spaß bei Wanderungen und anderen Abenteuern!

🔗 Weitere Informationen:

  • Wildtieren begegnen: Auf der Website des Südtiroler Jagdverbands findest du eine informative Übersicht über das richtige Verhalten bei Begegnungen mit Wildtieren.
  • Nachweise von Wolf und Bär: Auf der Website des Amts für Wildtiermangement findest du einen Überblick darüber, wo in Südtirol schon nachgewiesenermaßen ein Wolf oder Bär unterwegs war. 

Text: Silvia

Wir sind eine bunte Mischung aus naturaffinen, abenteuerlustigen und kreativen Redakteur*innen. Allesamt in Südtirol angesiedelt teilen wir die Liebe zum Schreiben und zum Fotografieren, zu den Bergen und zur Kultur. Unsere Leidenschaft ist es, ständig neue Geschichten zu entdecken, über Land und Leute, über Identität und Tradition, über Südtirols stille Orte und tausend Gesichter. Mit unseren Texten und Bildern wollen wir euch die Schönheit dieser kontrastreichen Region zeigen und eure Neugierde wecken. Aber vor allem wollen wir eins: euch zum Reisen inspirieren.

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